Dr. Beate Meyer
Im Oktober und November erinnern Initiativen und Institutionen traditionell an die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Für die Stolperstein-Initiative ist dies immer eine gute Gelegenheit, die Lebensgeschichten, die sie recherchiert und online gestellt haben, einem größeren Publikum vorzustellen. So findet am Montag, 28. Oktober 2024 (um 15:30 Uhr in Altona, Haubachstraße 62/Turnhalle) eine Veranstaltung zur Erinnerung an die Abschiebung polnischstämmiger Jüdinnen und Juden am 28.10.1938 statt. Viele der ca. 1000 betroffenen Menschen aus Hamburg wurden in dieser Turnhalle der ehemaligen Viktoria-Kaserne festgehalten, bevor sie vom Bahnhof Altona in das Grenzgebiet zu Polen transportiert wurden. Bei der Gedenkveranstaltung geht es um die Spurensuche zum jüdischen Leben, zur evangelischen Kirche und zum Aufstieg der NSDAP“ (Frank Omland), Comics von Birgit Weyhe über Lily Horn, die letztes Jahr als Angehörige von Abgeschobenen über ihre Familie berichtete, um 16 Uhr berichtet Ingo Wille von der Stolperstein-Initiative über das Schicksal der Familie Goldblatt, das er in aufwendiger Spurensuche rekonstruiert hat.
Im Oktober und November verlegt auch der Künstler Gunter Demnig fast 100 Stolpersteine in vielen Hamburger Stadtteilen. Die Liste der Adressen finden Sie als pdf auf www.Stolpersteine-hamburg.de.
Auf zwei dieser Verlegungen mit informativen Kurzvorträgen sei hier besonders hingewiesen: Am 12.11.2024 um 14 Uhr findet im Torhaus des ehemaligen Hamburger Untersuchungsgefängnisses, Holstenglacis 3, eine Gedenkveranstaltung für 15 hingerichtete Widerstandskämpfer der Jacob-Bästlein-Abshagen-Gruppe statt.
Ebenfalls an diesem Tag um 17 Uhr verlegt Gunter Demnig vor dem Lagerhaus G am Dessauer Ufer, Kleiner Grasbrook, drei Stolpersteine für italienische Militärinternierte, die hier ab September 1943 untergebracht waren und bei der Zwangsarbeit im Hamburger Hafen zu Tode kamen.
Aber auch unsere stille Arbeit in Archiven, Bibliotheken und am Schreibtisch geht weiter. So haben die ehrenamtlichen Biografieforscherinnen und –forscher dieses Jahr bisher 91 neue Lebensgeschichten recherchiert und online gestellt. Ungezählt bleiben die Korrekturen und Ergänzungen älterer Biografien. Zudem bemühen wir uns, ehrenamtlich weitere englische Übersetzungen zu erstellen, nachdem für eine großzügige Förderung durch die Hermann Reemtsma Stiftung, durch die wir die ersten 2600 Biografien (von mittlerweile fast 5000) übersetzen lassen konnten, noch keine Anschlussfinanzierung gefunden ist.
Wir stehen auch weiter im Kontakt zu Gedenkstätten oder Museen, denen wir Biografien zur Verfügung stellen und unsererseits neue Informationen erhalten, wie gerade von der (ehrenamtlich betriebenen) „Europäischen Holocaustgedenkstätte Stiftung e.V.“ in Kaufering/Landsberg am Lech: In Hamburg erinnern Stolpersteine an 14 Juden, die über Auschwitz in eines der noch 1944 errichteten elf Kauferinger KZ-Lager für eine geplante unterirdische Rüstungsproduktion gelangten. In Tonröhrenbaracken (Foto) oder Erdhütten menschenunwürdig untergebracht, kamen sie bei der Zwangsarbeit zu Tode. Unsere Biografien zu ihnen bereichern den Fundus der dortigen Initiative, von der wir im Gegenzug ihre Recherche-Ergebnisse erhielten und nun in die Lebensgeschichten einfügen bzw. diese nach den neuen Dokumenten korrigieren können.